Verbesserung des Kraftwerks- und Netzregelverhaltens bezüglich handelsseitiger Fahrplanänderungen
Improvement of the power plant and power system control behaviour during power programme changes

Dissertation von Tobias Weißbach
Universität Stuttgart, 2009

Da der Stromhandel europaweit nahezu ausschließlich im 1-h-Raster erfolgt, treten zum Stundenwechsel große Leistungsungleichgewichte zwischen den sich überwiegend kontinuierlich verhaltenden Lastgangverläufen und den treppenförmigen Fahrplanverläufen auf. Diese im jährlichen Mittel größer werdenden Leistungsungleichgewichte führen zu ebenfalls größer werdenden Frequenzabweichungen, die bereits jetzt mit erheblichen Nachteilen für den Kraftwerks- und Netzbetrieb verbunden sind.
Sowohl die höhere Belastung der Kraftwerksblöcke, die langfristig in die Leistungspreise der Primärregelung eingepreist werden muss, als auch der bei größer werdenden handelsbedingten Leistungsungleichgewichten ansteigende Bedarf an Sekundärregelarbeit führen langfristig unweigerlich zu steigenden Regelenergiekosten.
Zudem steht insbesondere während den morgendlichen und abendlichen großen Frequenzabweichungen ein erheblicher Teil der vorgehaltenen Primärregelreserve nicht mehr zur Verfügung, so dass die Gültigkeit der auf die Primärregelung bezogenen Auslegungskriterien der UCTE bezüglich der Regelleistungsaktivierung nach einem Ausfall von 3000 MW ("Doppelblockausfall") nicht mehr gewährleistet ist.

Im Rahmen der Arbeit erfolgte eine umfassende Analyse der Ursachen der Frequenzabweichungen. Hierbei waren drei Schritte maßgeblich:
  • Darstellung der Korrelation zwischen Frequenz- und Lastgangverhalten auf Basis von Langzeitmessungen,
  • Zusammenstellung und Evaluation der derzeitigen Verfahrensweise der Marktteilnehmer zur Lastdeckung,
  • Simulationsuntersuchungen, ausgehend von den ermittelten Randbedingungen.
Auf diese Weise konnte der Nachweis geführt werden, dass die Ursachen für die Frequenzabweichungen systeminhärent sind, d.h. in den derzeitigen Randbedingungen und Spielregeln des deregulierten elektrischen Energiemarkts begründet liegen.

Ausgehend von den nachgewiesenen Ursachen wurden Verbesserungsmaßnahmen vorgeschlagen. Diese zielen darauf ab, die erzeugerseitigen Fahrpläne unter Beibehaltung des bestehenden Stromhandels im 1-h-Raster besser an das reale Lastverhalten anzupassen. Der erarbeitete Vorschlag sieht eine zweigestufte und sich ergänzende Maßnahmen-Umsetzung vor, indem
  • durch Einführung eines neuen Stromproduktes die Fahrplanmeldungen näher an die tatsächlichen rampenförmigen Lastprofile gebracht und insbesondere große Fahrplansprünge vermieden werden, sowie
  • auf Basis der vorliegenden Fahrpläne und das zu erwartende Lastgangverhalten preisgünstigere Ausgleichsenergie seitens des ÜNB day-ahead geordert wird.
Basierend auf den Ergebnissen der Arbeit beabsichtigen die nationalen Gremien VGB POWERTECH und BDEW, die vorgeschlagenen Maßnahmen national und europaweit zur Diskussion zu stellen.
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