Die Pyrolyse von Biomassen unter Wirbelschichtbedingungen

Dissertation von Marcel Beirow
Universität Stuttgart, 2023

Viele der in der Literatur verfügbaren Pyrolysekinetiken für Biomassen basieren auf idealisierten Partikelformen (Kugel, Zylinder, Quader/Würfel) oder sehr kleinen Partikelgrößen, um ausschließlich die Kinetik der chemischen Reaktionen zu beschreiben. Reale Brennstoffe, wie sie z.B. in Wirbelschichtvergasungsanlagen eingesetzt werden, bestehen jedoch aus deutlich größeren Partikeln. Dadurch treten im Partikel Transportlimitierungen auf und für die Modellierung sind detaillierte Partikelmodelle notwendig, die beispielsweise neben der Wärmeleitung auch die Porosität im Partikel und den Grad der Pyrolyse, ausgehend von der rohen Biomasse hin zu Koks berücksichtigen. Modelle zur Beschreibung solcher scheinbaren Kinetiken lassen sich jedoch aufgrund ihrer Komplexität kaum in Prozesssimulationen implementieren, insbesondere wenn der Brennstoff aufgrund seiner Partikelgrößenverteilung aus vielen unterschiedlich großen Einzelpartikeln besteht.

In der vorliegenden Arbeit wurden deshalb einfache empirische Kinetikmodelle für kommerziell verfügbare Hackschnitzel entwickelt. Die Unterscheidung zwischen verschiedenen Partikelgrößen erfolgte anhand der Fraktionen 1,18 mm, 3,15 mm, 7,1mm und 10 mm, die aus einer Siebanalyse gewonnen wurden. Da der Siebrückstand der 1,18 mm-Fraktion zum Großteil aus Fichtennadeln bestand, wurden für die Pyrolyseversuche mit dieser Fraktion ausschließlich Fichtennadeln verwendet. Innerhalb des Temperaturbereichs von 600 °C bis 800 °C wurde für die einzelnen Fraktionen der Einfluss von der Pyrolysetemperatur auf die Pyrolyseprodukte Gase, Teere, Wasser und Restkoks detailliert betrachtet. Bei den Gasen erfolgte eine weitere Unterscheidung anhand der Gaskomponenten H2, CO, CO2 und CH4 sowie weiterer nicht kondensierbarer Kohlenwasserstoffe. Die Zusammensetzung der Teere wurde für ausgewählte Versuchspunkte anhand einer Analyse mit 25 Einzelkomponenten detailliert untersucht.

Für die Versuche mit großen Partikelfraktionen benötigt die Wirbelschicht-Versuchsanlage ein ausreichend großes Reaktorvolumen. Dieses stellte für die Ableitung von Pyrolysekinetiken eine Herausforderung dar, da sich daraus ein nicht zu vernachlässigender Einfluss auf die Verweilzeitverteilung der freigesetzten Pyrolyseprodukte ergibt. D.h. die am Reaktorausgang gemessenen Gasfreisetzungsraten stellen eine Überlagerung aus tatsächlicher Gasfreisetzung am Partikel und dem Anlagenverhalten dar. Um die Gasfreisetzungsrate unmittelbar an der Partikeloberfläche zu erhalten, wurde ein Algorithmus entwickelt, der das Systemverhalten der Anlage aus den Messwerten herausrechnet. Hierfür wird in einer globalen Optimierung die numerische Lösung der instationären Konvektions-Diffusionsgleichung verwendet und die Freisetzungsrate der Pyrolyseprodukte am Partikel durch einen Polygonzug aus 32 frei wählbaren Stützpunkten angenähert. Dadurch können hohe Gradienten und sprunghafte Änderungen der Freisetzungsrate zu Beginn der Pyrolyse gut abgebildet werden und es ist keine Glättung, wie bei inversen Berechnungen, erforderlich.

Mit den ermittelten Gasfreisetzungsraten wurden für die vier Partikelgrößenfraktionen (1,18mm bis 10mm) einfache Kinetikmodelle abgeleitet, die sowohl den Aufheizvorgang als auch die eigentliche Pyrolyse anhand von maximal vier Modellparametern beschreiben und dadurch leicht in Prozesssimulationen implementiert werden können.

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