Experimentelle und simulative Untersuchung der Wasserdampfvergasung von Klärschlamm und weiteren biogenen Brennstoffen

Dissertation von Daniel Schweitzer
Universität Stuttgart, 2018

Die allotherme Zweibett-Wirbelschichtwasserdampfvergasung ist ein thermochemisches Konversionsverfahren zur Umwandlung eines festen Brennstoffes in ein wasserstoffreiches und hochqualitatives Produktgas. Mittels experimenteller und simulativer Methoden wurde der Einfluss verschiedener kostengünstiger biogener Brennstoffe wie Klärschlamm, Rinder- und Schweinegülle sowie Holzpellets (als Referenzbrennstoff) auf den Vergasungsprozess untersucht.
Die experimentellen Untersuchungen haben gezeigt, dass die Wasserdampfvergasung dieser biogenen Brennstoffe möglich ist: Im relevanten Temperaturbereich von 750 - 950 °C bildeten sich keine Bettagglomerationen; jedoch versinterte, bei der Verwendung von sehr aschereichen Brennstoffen wie z. B. Klärschlamm, die Asche in mechanisch stabile Sinterklumpen, welche zu hydrodynamischen Problemen im Prozess führen können. Untersuchungen zeigten, dass sich durch eine Brennstoffaufmahlung die Korngrößenverteilung dieser Sinterklumpen beeinflussen lässt. Es zeigte sich, dass sich die hydrodynamischen Probleme bei den verwendeten Versuchsanlagen durch eine Aufmahlung auf eine maximale Brennstoffkorngrößenverteilung von 2 mm minimieren lassen.
Untersuchungen der Vergasungseigenschaften der biogenen Brennstoffe zeigten, dass eine hohe Produktgasausbeute von 0,7 - 0,8 m3 i.N./kgBr,waf erreicht werden kann. Damit liegt die Produktgasausbeute der biogenen Brennstoffe nur ca. 20 % unterhalb der Produktgasausbeute von Holzpellets. Ebenso unterscheidet sich die Zusammensetzung des Produktgases zwischen den verschiedenen Brennstoffen nur leicht. Lediglich für Klärschlamm wurden höhere H2-Konzentrationen und etwas geringere CO-Konzentrationen im Produktgas gemessen.
Zu berücksichtigen ist allerdings eine deutlich erhöhte Konzentration an Begleitgasen im Produktgas bei der Vergasung von biogenen Brennstoffen. So wurden insbesondere für Klärschlamm sehr hohe (gravimetrische) Teerausbeuten von bis zu 90 gTeer/kgBr,waf gemessen. Auch wurden bei der Verwendung von biogenen Brennstoffen hohe NH3-Konzentrationen von bis zu 6 Vol.-%tr., H2S-Konzentrationen von bis zu 7000 ppmvtr. und Cl-Konzentrationen von bis zu 1300 ppmvtr. gemessen. Ebenso stiegen die Konzentrationen an Begleitgasen (NOx, SOx, HCl) im Rauchgas des Verbrennungsreaktors deutlich an. Jedoch zeigte sich, dass sich durch die Wahl eines geeigneten Bettmaterials die Konzentrationen der Begleitgase im Produktgas des Vergasungsreaktors deutlich senken lassen. Insbesondere Kalkstein eignet sich zur Senkung der Teerkonzentration im Produktgas. Bereits bei niedrigen Kalkanteilen im Bettmaterial von 20 Ma.-% konnte die Teerkonzentration um über 80 % gesenkt werden. Zusätzlich zeigte Kalkstein auch eine senkende Wirkung auf die NH3- und H2S-Konzentrationen im Produktgas. Weitere experimentelle Untersuchungen zeigten, dass die sich anreichernde Asche im Bettmaterial zu unerwünschten Oxidations- und Reduktionsreaktionen im Prozess führen kann: Reduktionsreaktionen der Brennstoffasche im Vergasungsreaktor können zu einem Sauerstofftransport vom Verbrennungs- in den Vergasungsreaktor und folglich zu einer Senkung der H2- und CO-Konzentrationen im Produktgas führen. Solch ein Redox-Systen kann die Produktgasausbeute senken und die Wärmebilanz verschieben.

Basierend auf den experimentellen Ergebnissen wurde ein Prozessmodell der Wasserdampfvergasung von Klärschlamm erstellt. Aus diesem Modell konnte eine Energiebilanz des Prozesses abgeleitet werden. Die Ergebnisse dieser Prozesssimulation zeigten, dass, im Gegensatz zur Vergasung von Holzpellets, aufgrund des niedrigeren Brennstoffumsatzes im Vergasungsreaktor bei Vergasungstemperaturen von 800 °C keine zusätzliche Energiezufuhr in den Verbrennungsreaktor notwendig ist. Mittels der Prozesssimulation konnten Kaltgaswirkungsgrade von nahezu 70 % berechnet werden. Auch zeigte sich, dass die durch die Asche hervorgerufenen Nebenreaktionen einen signifikanten Einfluss auf die Gesamteffizienz des Prozesses haben.

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