Flexibilisierung fossil befeuerter Kraftwerke - Anforderungen und Maßnahmen

Dissertation von Michael Salzinger
Universität Stuttgart, 2020

Die Integration erneuerbarer Energien in das Stromsystem stellt für Energieversorgungs-unternehmen, insbesondere Betreiber konventioneller Kraftwerke, eine technische und wirtschaftliche Herausforderung dar. Aufgrund von Einspeisevorrang und -vergütung sowie geringer Grenzkosten verdrängen erneuerbarer Energien zunehmend konventionelle Kraftwerke aus dem Strommarkt. Weiterhin ergibt sich aus den Prognosefehlern von Windenergie- und Photovoltaikanlagen ein Bedarf an kurzfristig einsetzbarer Leistung. Dies erfordert unter anderem eine flexible Einsatzweise konventioneller Erzeugungs- und Speicheranlagen, um jederzeit Stromnachfrage und -angebot auszugleichen. In Anbetracht der Ausbauziele für erneuerbare Energien in Deutschland und Europa ist zu erwarten, dass die Anforderungen an eine flexible Einsatzweise konventioneller Kraftwerke in Zukunft weiter steigen werden. Demgegenüber steht eine eingeschränkte operative Flexibilität fossil befeuerter Kraftwerke, welche zum einen auf die Kraftwerkstechnik und zum anderen auf wirtschaftliche und regulatorische Rahmenbedingungen zurückzuführen ist.

Im Rahmen dieser Arbeit werden die zukünftigen Anforderungen an eine flexible Einsatzweise fossil befeuerter Kraftwerke in Deutschland unter Berücksichtigung verschiedener energiewirtschaftlicher Entwicklungen bis zum Jahr 2030 untersucht. Zudem wird geklärt, inwieweit der bestehende Kraftwerkspark diesen Anforderungen bereits heute gerecht wird, und in welchem Umfang eine Flexibilisierung die Integration erneuerbarer Energien in das Stromsystem verbessert.

Die Simulationsergebnisse für das deutsche Stromversorgungssystem der Jahre 2020 und 2030 weisen darauf hin, dass die zukünftigen Anforderungen an eine flexible Einsatzweise des fossil befeuerten Kraftwerkspark neben der fortschreitenden Integration erneuerbarer Energien sehr stark von einer Reihe weiterer Entwicklungen beeinflusst wird. Insbesondere der Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie bis zum Jahr 2022 sowie die fortschreitende Integration der europäischen Energiemärkte mildern die Anforderungen an eine flexible Einsatzweise fossil befeuerter Kraftwerke ab. Unter Annahme einer ambitionierten Klima- und Energiepolitik steigen die Anforderungen an eine flexible Einsatzweise fossil befeuerter Kraftwerke bis zum Jahr 2030; diese werden insbesondere deutlich häufiger in Teil- und Mindestlast betrieben. Der fossil befeuerte Kraftwerkspark weist bereits heute eine hohe operative Flexibilität auf und kann mittelfristig die Integration der Stromproduktion erneuerbarer Energien sowie den Ausgleich von Unsicherheiten der Stromproduktion von Windenergie- und Photovoltaikanlagen ermöglichen. Durch eine Flexibilisierung können nur in geringem Umfang die variablen Systemkosten und CO2-Emissionen reduziert sowie die Integration erneuerbarer Energien verbessert werden. In diesem Zusammenhang muss der ökonomische und ökologische Nutzen von Flexibilisierungsmaßnahmen kritisch beurteilt werden.

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