Erzeugung eines wasserstoffreichen Produktgases aus Biomasse mittels Wasserdampfvergasung und anschließender CO2-Abscheidung

Dissertation von Nina Rothermel
Universität Stuttgart, 2017

Wasserstoff ist ein vielseitig einsetzbarer Energieträger und einer der wichtigsten Rohstoffe in der chemischen Industrie. Eine Möglichkeit zur kontinuierlichen, regenerativen Wasserstofferzeugung stellt die Erzeugung aus Biomasse dar. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein vielversprechendes Vergasungsverfahren zur Wasserstofferzeugung aus Biomasse weiterentwickelt, experimentell untersucht und optimiert.

Das Vergasungsverfahren umfasst drei Wirbelschichtreaktoren: einen Vergaser, einen Karbonator und einen Regenerator. Alle drei Reaktoren arbeiten mit gebranntem Kalkstein (CaO) bzw. Kalkstein (CaCO3) als Bettmaterial. Im Vergasungsreaktor wird die Biomasse bei 800 °C bis 850 °C unter Wasserdampfatmosphäre vergast. Die für die endotherme Vergasung benötigte Wärme wird durch das zwischen Vergaser und Regenerator zirkulierende Bettmaterial bereitgestellt. Das erzeugte Produktgas wird anschließend in den Karbonator geleitet. Im Karbonator wird CO2 mittels CaO bei Temperaturen zwischen 600 °C und 700 °C aus dem Produktgas abgeschieden. Dadurch wird das thermodynamische Gleichgewicht der Wassergas-Shift-Reaktion hin zur Produktseite verschoben, wodurch der Wasserstoffanteil im Produktgas angehoben wird. Der dritte Reaktor, der Regenerator, arbeitet im Temperaturbereich > 900 °C und dient als Verbrennungsreaktor zur Wärmeversorgung des Vergasers und zur Kalzinierung des Kalksteins.

Im Rahmen der im ersten Teil der Arbeit durchgeführten experimentellen Charakterisierung des Vergasungsverfahrens konnte gezeigt werden, dass durch die hohen Temperaturen im Vergasungsreaktor und die Anwesenheit von CaO ein Produktgas mit einem geringen Anteil an nicht kondensierbaren Kohlenwasserstoffen (Methan, Ethan,..) von maximal 8,0 Vol.-%wf sowie kondensierbaren Kohlenwasserstoffen (Teeren) von 4,3 g/m3i.n. erzeugt werden kann. In dem Vergasungsreaktor nachgeschalteten Karbonator kann der Wasserstoffanteil im Produktgas auf bis zu 85,4 Vol.-%wf angehoben werden.

Aufbauend auf den experimentellen Untersuchungen wurde ein System aus drei gekoppelten Wirbelschichtreaktoren entwickelt und ausgelegt. Mittels Untersuchungen an einem skalierten Kaltmodell konnte ein stationärer Betrieb des Reaktorsystems über einen weiten Betriebsbereich nachgewiesen, das Anlagendesign verifiziert und hydrodynamische Zusammenhänge zwischen verschiedenen Prozessparametern identifiziert werden. Zudem konnte anhand der Kaltmodelluntersuchungen ein Betriebsfenster für den realen Anlagenbetrieb abgeleitet werden.

Mithilfe einer Prozesssimulation wurde der gesamte Vergasungsprozess abgebildet und bezüglich der erzeugten Wasserstoffausbeute optimiert. Die Simulation ergab eine maximal erzeugbare Wasserstoffausbeute von 0,79 m3i.n./kgBr,waf. Ein Vergleich mit Literaturdaten anderer Vergasungsverfahren ergab, dass mittels Wasserdampfvergasung mit nachgeschalteter CO2-Abscheidung eine deutlich höhere Wasserstoffausbeute im Vergasungsschritt erzeugt werden kann.

Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, die vielschrittige Prozesskette zur Wasserstofferzeugung aus Biomasse zu vereinfachen, indem mittels Wasserdampfvergasung und anschließender CO2-Abscheidung ein wasserstoffreiches, kohlenwasserstoffarmes Produktgas erzeugt wird.

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