Weiterentwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens zur Bestimmung von Teerkonzentrationen in Vergasungsprozessen

Dissertation von Andreas Gredinger
Universität Stuttgart, 2018

Die sogenannten Teere zählen nach wie vor zu einem der Hauptprobleme bei der Vergasung von Biomassen. Vor allem ihre aufwändige messtechnische Bestimmung mit heute gängigen Adsorptionsverfahren, die nur eine zeitlich verzögerte Angabe eines Mittelwerts über einen bestimmten Zeitraum zulassen, ist ein Grund für das Fehlen der routinemäßigen Bestimmung ihrer Konzentration in Vergasungsprozessen. Folglich gilt auch der Mangel an entsprechend verfügbarer instrumenteller Analytik noch heute als eine Ursache dafür, dass (industrielle) Vergasungsprojekte scheitern.

Im Rahmen der Bemühungen, diese Lücke in der Gasmesstechnik zu schließen und eine Alternative zu den konventionellen Adsorptionsverfahren zu schaffen, wurde in der Vergangenheit am Institut für Feuerungs- und Kraftwerkstechnik der Universität Stuttgart ein Prototyp eines Online-Teermessgeräts entworfen, welches in dieser Arbeit bis hin zur Marktreife weiterentwickelt und umfassend erprobt wird. Es basiert auf einem Differenzmessverfahren, in dem die Teere auf einem entsprechenden Kondensatabscheider von den permanent gasförmigen Kohlenwasserstoffen des Produktgases getrennt werden. Als Kohlenwasserstoffdetektor wird ein FID eingesetzt.

Zuerst werden die gegenüber der Vorgängerversion des Prototyps realisierten not-wendigen technischen Änderungen des Messgeräts und die Weiterentwicklungen seiner zugrundeliegenden Analytik beschrieben. Die durchgeführten Untersuchungen der Genauigkeit des verwendeten, neu entwickelten Detektors und der Wiederholbarkeit der Ergebnisse einzelner Messzyklen zeigen in einer beispielhaften Messreihe Abweichungen vom Mittelwert der Messwerte von unter 1 %. Die Nachweisgrenze der Teerkonzentrationen liegt, abhängig vom ausgewählten Messbereich, bei 50 mgCi.N., 250 mgCi.N. oder 500 mgCi.N..Sie ist dabei aber jeweils unabhängig vom Kohlenwasserstoffgehalt des zu untersuchenden Gases. Die Einflüsse verschiedener Messgerätebetriebsparameter auf die Detektorempfindlichkeit werden ebenfalls gezeigt und optimale Betriebseinstellungen angegeben.

Bei der Ermittlung eines optimalen Teerkondensatabscheiders für die Trennung der Kohlenwasserstoffe an der Grenze der Teerdefinition (Differenzmessung) zeigt sich, dass inerte Kondensatfallen nicht ausreichen, um leichte Kohlenwasserstoffe, wie bspw. BTX, vom restlichen Produktgas zu trennen. Als Lösung wird auf adsorptive Materialien zurückgegriffen. Als vielversprechendste Materialien erweisen sich dabei natürlich vorkommende (Schicht)silikate. Sie adsorbieren in einem großen Konzentrationsbereich alle Teersubstanzen mit Ausnahme von Toluol komplett, lassen aber permanent gasförmige KWS vollständig passieren. Bei Toluol und Benzol findet dagegen jeweils eine Teiladsorption statt. Bei bestimmten Konzentrationsverhältnissen zeigte sich aber, dass sich die Teiladsorption der beiden Substanzen gegenseitig ausgleicht und somit die Angabe einer Teerkonzentration an der als Teer definierten Kohlenwasserstoffgrenze (zwischen Benzol und Toluol) grundsätzlich möglich ist.

Die Durchführung von Vergleichsmessungen mit dem standardisierten, konventionellen Tar Protocol bestätigen die zuvor in Laborumgebung gewonnenen Erkenntnisse. So liegen die Abweichungen der Ergebnisse der Teermessungen bzw. Teeranalysen des Online-Teermessgeräts und der GC-MS-Analysen des Tar Protocol sowohl in Produktgasen einer Luftvergasung als auch (mit Korrekturen um den Wasserstoff- und Wasserdampfeinfluss auf das Messverfahren) einer Wasserdampfvergasung in einem Band von ± 20 %. Die absoluten Abweichungen liegen dabei immer unter der Marke von 2,5 gCi.N..

Die Messzykluszeit von 60-90 Sekunden und die direkte Gasanalyse sowie Ausgabe der Messwerte erlaubt im Gegensatz zu konventionellen Teermessmethoden die unmittelbare Überwachung der Gesamtteerkonzentration eines Vergasungsprozesses. Im Falle von auftretenden Teerspitzen oder ähnlichen Ereignissen ist dann ein schnelles Eingreifen in die Prozessführung möglich. Der demonstrative Einsatz des weiterentwickelten Messgeräts an einem semiindustriellen Vergaser zur Ermittlung optimierter Vergaserbetriebsparameter mit dem Ziel einer minimierten Teerproduktion bestätigt abschließend die im Verlauf der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse und getätigten Aussagen hinsichtlich eines instrumentellen Ersatzes konventioneller Teermessverfahren.

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