Coal Pyrolysis and Char Combustion under Oxy-Fuel Conditions

Dissertation von Leema Al-Makhadmeh
Universität Stuttgart, 2009

Der fossile Energieträger Kohle ist weltweit zu wirtschaftlichen Bedingungen verfügbar. Darüber hinaus ist aufgrund der Verteilung und Lieferstrukturen eine sehr hohe und langfristig kalkulierbare Versorgungssicherheit gegeben. Aufgrund der Tatsache, dass durch die Nutzung der Kohle viel CO2 produziert wird, ist es notwendig Technologien zu entwickeln, die diese Emissionen vermeiden. Die so genannten „Carbon Capture & Storage“ kurz CCS-Technologien stellen hierbei eine mittelfristig realisierbare Möglichkeit dar, die Kohle weiterhin klimaverträglich zur Energieerzeugung zu nutzen.

In konventionellen, mit Kohlestaub gefeuerten Kraftwerkskesseln führt der in der Verbrennungsluft enthaltende Stickstoff (etwa 79 Vol.-%) zu einer Verdünnung der CO2-Konzentration im  Rauchgas. Da bei einer Konzentration von weniger als 15% die Abscheidung des CO2 durch Aminwäschen aus den Rauchgasen aufwendig ist, bietet sich die Verbrennung mit Sauerstoff und rezirkuliertem Rauchgas, das so genannte Oxyfuel-Verfahren, als eine der „CCS-Technologien insbesondere für zukünftige Kraftwerksneubauten an, um so zur Minderung der CO2-Emissionen beizutragen.

Beim Oxyfuel-Verfahren wird eine Luftzerlegungsanlage benötigt, um nahezu reinen Sauerstoff für die Verbrennung zu erzeugen. Um zu hohe Flammentemperaturen bei der Sauerstoffverbrennung zu vermeiden, wird der Sauerstoff mit rezirkuliertem Rauchgas verdünnt. Die Verbrennung findet dann in einer Atmosphäre statt, die überwiegend aus O2, CO2 und H2O besteht. Aufgrund der hohen CO2-Konzentration im Rauchgas, ist es bei diesem Verfahren wirtschaftlicher, das CO2 aus dem Rauchgas abzutrennen.

Neben der Anreicherung von CO2 im Rauchgas, bietet diese Technologie auch weitere Vorteile wie zum Beispiel eine mögliche Absenkung der NOx-Emissionen und ein geringeres spezifisches Rauchgasvolumen bei höheren O2-Konzentrationen im Verbrennungsmedium.

In der vorliegenden Arbeit wird das Oxyfuel-Verbrennungsverfahren untersucht, um die Einflüsse der CO2-Anreicherung auf die Kohleverbrennung zu studieren. Das Verständnis der Kohleverbrennung ist unabdingbar für die Optimierung und den großtechnischen Einsatz dieser Technologie.

Die Kohleverbrennung kann als zweistufiger Prozess betrachtet werden: Entgasung und Verbrennung in der gasphase gefolgt von der Verbrennung des festen Kokses. Bei der Kohlestaubverbrennung läuft die Entgasung sehr schnell ab (bis zu einigen hundert Millisekunden), und während die Kohle aufgeheizt wird, kann das Partikel erweichen und innere Umwandlungsvorgänge erfahren. Charakteristisch für die Kohleentgasung ist die schnelle Freisetzung von flüchtigen Bestandteilen. Da viele Kohlen mehr als 50% ihrer Masse als flüchtige Bestandteile freisetzen, steigt die Temperatur im Zuge der in der Gasphase stattfindenden Flüchtigenverbrennung in kurzer Zeit rasch an. Von der Koksverbrennung wird angenommen, dass sie durch die chemischen und physikalischen Charakteristika des Kokses kontrolliert wird und dadurch im Vergleich zur Entgasung sehr langsam ist. Der Koksabbrand wird von der chemischen Kinetik (Adsorption der Reaktanten, chemische Reaktion und Desorption der Produkte) und/oder durch Gasphasendiffusionsvorgänge (in der Grenzschicht oder in den Poren des Reaktanten) kontrolliert.

In dieser Arbeit wird der Einfluss von Oxyfuel-Bedingungen auf die Kohleverbrennung durch die separate Untersuchung von Entgasung und Koksabbrand ermittelt. Wesentliche Herausforderungen dieser Arbeit sind somit die effiziente Verknüpfung und realitätsnahe Durchführung beider Untersuchungsschwerpunkte. Der unter Pyrolysebedingungen produzierte und untersuchte Koks wurde folglich später als Brennstoff für Koks-Charakterisierungs- und Verbrennungsuntersuchungen verwendet.

Die Kohlepyrolyse in einer 100% CO2- sowie in einer 100% N2-Umgebung wurde in einem elektrisch beheizten Flugstromreaktor untersucht. Diese Pyrolyseuntersuchungen wurden bei verschiedenen Temperaturen zwischen 700 °C und 1150 °C bei hohen Aufheizraten von   K/s und Verweilzeiten zwischen 1 und 1,5 s untersucht. Der Koks wurde bei 1150 °C und einer Verweilzeit von 1 s für die anschließenden Verbrennungsuntersuchungen gesammelt. Die Koksverbrennung wurde in einer 20 kW-Versuchsanlage bei einer Verweilzeit von 4,2 s untersucht. Als Parameter wurden unterschiedliche O2-Konzentrationen (5%, 8% und 15%) sowohl in O2/CO2- als auch in O2/N2-Verbrennungsexperimenten sowie verschiedene Temperaturen (1000 °C, 1150 °C und 1300 °C) und Kohlequalitäten variiert, um den Einfluss der Gaszusammensetzung auf den Koksabbrand und die Koksreaktivität zu untersuchen. Es wurden zwei Kohlen in dieser Arbeit berücksichtigt: Eine südafrikanische “Klein Kopje“-Steinkohle sowie eine deutsche Braunkohle aus der Lausitz. Außerdem wurde ein kommerziell hergestellter Koks aus dem rheinischen Braunkohlerevier für die Koksverbrennungsuntersuchungen herangezogen.

Ein kurzer Überblick über die wesentlichen Inhalte dieser Arbeit wird nachfolgend gegeben. Nach einer kurzen Einführung wird in Kapitel 1 die Thematik, die Zielsetzung der Arbeit sowie die generelle Vorgehensweise beschrieben. Im zweiten Kapitel wird ein Literaturüberblick bezüglich der chemischen Struktur der Kohle und der Kohleherkunft, der Kohlepyrolyse und der Koksverbrennung sowie über die Umwandlung der Kohlebestandteile Stickstoff und Schwefel während der Verbrennung präsentiert.


Der experimentelle Aufbau, die untersuchten Parameter und der Ansatz für die Kohlepyrolyse- und Koksverbrennungsuntersuchungen wird im dritten Kapitel detailliert beschrieben. Anschließend werden die Analysetechniken präsentiert und schließlich über die Kohleauswahl und -charakterisierung berichtet. Da die Partikeltemperatur und -verweilzeit wichtige Parameter für die Kohlepyrolyse sind, kommt ein Einzelpartikelmodell („single particle model“, SPM) für die Vorhersage von Partikeltemperatur und -verweilzeit zum Einsatz. Während der Koksverbrennung werden Ascheproben an verschiedenen Reaktorpositionen gesammelt und die zugehörigen Verweilzeiten unter Verwendung eines numerischen Verbrennungs-simulationsverfahrens berechnet.

Die Ergebnisse der Pyrolyseuntersuchungen werden im Kapitel vier insbesondere im Hinblick auf Massenabnahme, Pyrolysegaskonzentrationen, Ultimat- und Proximatanalyse der erzeugten Kokse, das Blähverhalten sowie die Oberfläche („BET surface area“) der erzeugten Kokse und die Koksstrukturen dargestellt und diskutiert.
 
Kapitel fünf behandelt die Koksverbrennung. Sauerstoff- und CO-Konzentrationsprofile, Koksabbrand, der Einfluss der Temperatur auf den Koksabbrand, NO-Emissionen, NO-Reduktion und SO2-Emissionen werden analysiert und mit Ergebnissen der Kohleverbrennung verglichen.
 
Abschließend werden in Kapitel sechs die Ergebnisse zusammengefasst und es werden Schlussfolgerungen sowohl für die Kohlepyrolyse und Koksverbrennung wie auch im Hinblick auf den gesamten Verbrennungsprozess und die Auswirkungen auf das Emissionsverhalten gezogen. Außerdem werden einige Empfehlungen gegeben.

Die Ergebnisse der Untersuchungen sind aufgrund der Verbindung zwischen Kohlepyrolyse und Koksverbrennung, der Parameterstudie, und dem Maßstab der eingesetzten Anlagen besonders wertvoll. Dieser Ansatz schließt somit die Lücke zwischen Einzelpartikeluntersuchungen und industriellen Einzel- oder Mehrbrennersystemen.

Es wurde festgestellt, dass die CO2-reiche Umgebung einen bedeutsamen Einfluss auf das Kohlepyrolyse- und Koksabbrandverhalten hat. Die Massenabnahme während der Pyrolyse in CO2-angereicherter Atmosphäre ist für beide untersuchten Kohlen um etwa 10% und 11-14% höher als in der N2-Umgebung für Klein Kopje-Kohle und Lausitz-Kohle. In der Gasphase wird CO als wichtigstes Gas während der Pyrolyse in der CO2-Umgebung festgestellt. Demgegenüber ist in der N2-Atmosphäre H2 die wichtigste Gaskomponente, insbesondere bei hohen Temperaturen. Die CO-Shiftreaktion könnte eine Erklärung für die höheren gemessenen CO-Konzentrationen in Brennernähe bei der Kohleverbrennung unter Oxyfuel-Bedingungen sein. Neben des Einflusses der CO2-Umgebung erhöhen auch längere  Aufenthaltszeiten die Massenabnahme, falls die Aufenthaltszeit mehr als 2 s in der CO2-Umgebung beträgt. Eine geringfügige Differenz zwischen den Elementaranalysen der in den beiden Umgebungen produzierten Kokse wurde bei beiden Kohlen festgestellt.  

Bei der Koksverbrennung wurde eine gute Übereinstimmung zwischen Gas- und Feststoffphasenergebnissen ermittelt. Der Koksabbrand und die Sauerstoffverbrauchsrate ist bei der O2/CO2-Verbrennung langsamer als bei der O2/N2-Verbrennung. Die CO-Konzentration bei der Koksverbrennung ist bei der O2/CO2-Verbrennung höher als bei der O2/N2-Verbrennung. Dieser Trend ist ähnlich wie bei der Kohleverbrennung, aber er weist signifikant niedrigere Werte auf. Es wurde beobachtet, dass die O2-Konzentration ansteigt, während die Zeit bis zum Erreichen eines 95%igen Koksabbrandes abnimmt.

Die Kohlequalität hat einen bedeutsamen Einfluss auf die Kohlepyrolyse und die Koksverbrennung. Die Massenabnahme der Lausitz-Braunkohle ist in beiden Umgebungen (O2/N2 bzw. O2/CO2) viel höher, als die der Klein Kopje-Steinkohle. Klein Kopje- und Lausitz-Kohle verhalten sich bei der Pyrolyse unterschiedlich: Klein Kopje-Kohle zeigt in beiden Umgebungen ein Blähen, während Lausitz-Kohle eine Fragmentierung aufweist. Die Oberfläche des aus Lausitz-Kohle produzierten Kokses ist viel höher als diejenige des aus Klein Kopje-Kohle erzeugten Kokses. Außerdem entsteht aus Lausitz-Kohle ein Koks mit hochporöser Struktur sowohl in der N2- als auch in der CO2-Umgebung, während die Struktur der Kokse aus der Klein Kopje-Kohle eher Makroporen aufweist oder massiv ist. Koks aus Lausitz-Kohle ist bei der Verbrennung der reaktivste der untersuchten Kokse; 95% Ausbrand wird in kürzerer Verweilzeit erreicht als bei den Koksen aus der Klein Kopje-Kohle sowie bei dem ebenfalls untersuchten Koks aus dem rheinischen Braunkohlerevier.

Aufgrund der Bedeutung von NO- und SO2-Emissionen im Hinblick auf die Umweltrelevanz wurden die NO und SO2-Emissionen bei der Koksverbrennung in der O2/CO2-Umgebung gemessen und mit den entsprechenden Emissionen bei der Verbrennung in der O2/N2-Atmosphäre verglichen. Weiterhin wurde die N- und S-Freisetzung während der Kohlepyrolyse sowohl in der N2- als auch in der CO2-Umgebung gemessen. Es wurde festgestellt, dass die Stickstofffreisetzung proportional zur Massenabnahme während der Pyrolyse erfolgt. Die höhere Stickstofffreisetzung bei der Pyrolyse in der CO2-Umgebung hat einen wichtigen Einfluss auf die NOx-Emissionen, da die Primärmaßnahmen zur NOx-Reduktion wie Luft- bzw. Brennstoffstufung und NOx-armes Brennerdesign die Konversion von flüchtigem Stickstoff zu NOx unterdrücken können. Des Weiteren wurde ein großer Einfluss der Kohlequalität auf die N-Freisetzung gefunden. Die N-Freisetzung ist bei der Pyrolyse von Klein Kopje-Kohle 30% geringer als bei der Lausitz-Kohle.

 
Die NO-Produktionsrate bei der Koksverbrennung in der O2/CO2-Atmosphäre ist langsamer als bei der O2/N2-Verbrennung, und im Allgemeinen ist diese proportional zum Koksabbrand. Die NO-Emission der Klein Kopje-Kokse ist bei allen untersuchten O2-Konzentrationen bei der O2/CO2-Verbrennung um 30% geringer als bei der O2/N2-Verbrennung. Zusätzlich wurde festgestellt, dass die Konversion von Koks-Stickstoff abnimmt, wenn der Stickstoffgehalt des Kokses zunimmt und die Koksreaktivität abnimmt. Die Konversion von Koks-N zu NO ist für Lausitz-Koks (46-63%) höher als für Klein Kopje-Koks (17-35%), sowohl bei der O2/CO2- als auch bei der O2/N2-Verbrennung. Andererseits liegt der Beitrag des Koks-Stickstoffs zur gesamten NO-Emission bei der Kohleverbrennung im Bereich von 11 bis 26% bei den untersuchten Bedingungen, und die Konversion von Kohle-Stickstoff zu NO ist bei der Koksverbrennung in O2/CO2-Umgebung niedriger als in der O2/N2-Umgebung.

Die Reduktion von rezirkuliertem NO an Klein Kopje-Koks ist bei der O2/CO2-Verbrennung um 11-14% höher als bei der O2/N2-Verbrennung. Dies mag an höheren CO-Konzentrationen bei Oxyfuel-Bedingungen liegen, die die Reduktion von rezirkuliertem NO bei der Koksverbrennung auf der Koksoberfläche und/oder durch homogene Reaktionen unterstützen. Die Reaktivität der Kokse zeigt eine Korrelation mit dem Potential, NO zu bilden. Dies bedeutet, dass die NO-Reduktion am Koks mit steigender Reaktivität des Kokses abnimmt. Die Reduktion von rezirkuliertem NO an Lausitz-Koks ist 60% geringer wie bei Klein Kopje-Koks bei der O2/CO2-Verbrennung. Klein Kopje-Koks, der in der CO2-Umgebung produziert wurde, ist etwas effektiver bei der NO-Reduktion als der Koks, der in einer N2-Umgebung erzeugt wurde.

Die Umwandlung von Koks-Schwefel zu SO2 wurde als unabhängig von der Verbrennungsatmosphäre, aber stark abhängig vom Schwefelgehalt des Kokses festgestellt. Eine hohe Koks-Schwefelkonversion zu SO2 wurde beobachtet; die Koks-Schwefelkonversion bewegte sich in der Größenordnung von 84 bis 100% in allen Untersuchungen, die bei hohen Temperaturen durchgeführt wurden.

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